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Look Back
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,5
durchschnittlich
Look Back
Der Hype-Manga kommt als Anime ins Kino!
Von Asokan Nirmalarajah
„Look Back“ lautet der mehrdeutige Titel einer Geschichte des gefeierten Manga-Künstlers Tatsuki Fujimoto. Die Online-Publikation des Comics am 19. Juli 2021 war für japanische Genrefans eine kleine Sensation. Innerhalb von nur zwei Tagen brachte es die sanfte Erzählung einer tragischen Mädchenfreundschaft auf mehr als vier Millionen Aufrufe. Auch die Print-Fassungen verkauften sich anschließend gut. Die Kritik lieferte die dazu passenden Lobeshymnen, es hagelte Preise und Top-Ten-Platzierungen.
Auch die gleichnamige Anime-Verfilmung von Regisseur Kiyotaka Oshiyama schaffte es trotz ihrer sehr kurzen Laufzeit von nur 57 Minuten im Juni 2024 Jahres für zwei Wochen auf Platz 1 der japanischen Kinocharts. Aber abgesehen von all dem Hype um Manga und Anime erweist sich „Look Back“ leider als eher langatmige Verfilmung des Schwarz-Weiß-Mangas, die die Vorlage – abgesehen von der hinzugefügten Farbe – mit geradezu sklavischer Treue für die Leinwand adaptiert.
„Look Back“ war für viele Fans von Tatsuki Fujimoto ein einschneidendes Werk. War man von dem Mangaka zuvor doch vor allem gewalttätige Fantasy-Action wie die Manga-Serien „Fire Punch“ (2016–2018) oder „Chainsaw Man“ (2018–2020) gewohnt. „Look Back“ aber wurde als eine autobiografisch angehauchte Auseinandersetzung des Zeichners mit seiner eigenen Kunst rezipiert. Im Mittelpunkt des Online-Mangas und damit nun auch des Anime-Films steht die Grundschülerin Fujino, die ein Talent dafür hat, amüsante Mangas über ihren Schulalltag zu zeichnen. Als Verantwortliche des wöchentlichen Comics in der Schülerzeitung genießt sie die Bewunderung ihrer Mitschüler*innen sowie das Ansehen ihrer Lehrer*innen.
Das ändert sich aber bald, als sich der Chefredakteur ihrer Schülerzeitung dazu entschließt, der Schülerin Kyomoto, die aufgrund von Angstzuständen der Schule fernbleibt, eine Chance als Zeichnerin zu geben. Für Fujino ist das ein Schlag ins Gesicht, ist der Anspruch von Kyomotos detailverliebten Zeichnungen doch um Welten höher als ihre eigenen. Erst versucht Fujino noch, die Konkurrentin mit Fleiß auszustechen. Doch als sie merkt, dass sie auch so nicht an sie heranreicht, lässt sie das Zeichnen ganz bleiben. Nur durch Zufall erfährt Fujino, dass Kyomoto ein Fan ihrer Arbeit ist. Die beiden beschließen darauf, gemeinsam Karrieren als Manga-Zeichnerinnen anzustreben. Eine schicksalshafte Entscheidung, die in einer Tragödie endet...
Introspektion schafft Distanz
Das Bild, das „Look Back“ als Manga und als Anime am besten charakterisiert, ist Fujino, wie sie in einem Sweatshirt über ihrem Tisch gebeugt an einer Zeichnung arbeitet. So bezieht sich der Titel „Look Back“ nicht nur auf eine „Rückschau“ auf eine prägende Schulfreundschaft für Fujino, sondern auch auf den Blick auf den Rücken von Künstler*innen, die sich vertieft ihrer Arbeit widmen. Im Manga widmet sich Tatsuki Fujimoto, dessen Nachname sich aus den Namen der zwei weiblichen Hauptfiguren zusammensetzt, also dem einsamen künstlerischen Schaffensprozess und romantisiert ihn auch ein Stück weit als einen statischen, aber zugleich auch sorglosen Zustand.
Für das Comic-Medium ist diese Introspektion ein gutes, vielsagendes Bild, kann sich doch der Comic-Lesende wie der Kunstschaffende in dem Bild wiederfinden. Im Medium Film aber schafft dieses sich wiederholende Bild eine emotionale Distanz zu den Figuren. Statt die Protagonistinnen aus der Vorlage in eine abendfüllende Handlung einzubinden und die Nuancen ihrer Freundschaft weiter auszuleuchten, begnügt sich Regisseur Kiyotaka Oshiyama damit, die Handlung und Situation des Comics direkt in bewegte Bilder zu übersetzen. Diese sind stellenweise betörend schön, aber weder die Figurengestaltung noch das Erzähltempo oder die Inszenierung können das Publikum genug in das Geschehen involvieren. Lange vor der bitteren Wendung der Geschichte verliert man deshalb leider schon das Interesse an den eindimensionalen Mädchen.
Dabei kommt der erzählerische Clou der Vorlage und des Films erst ab der Hälfte des Films wirklich zum Tragen. Wenn eine der beiden Figuren sich im unfassbaren Schmerz über eine schicksalshafte Wendung in eine alternative Realität flüchtet, dann setzt sich Tatsuki Fujimoto bittersüß mit der Allmacht des Kunstschaffenden auseinander. Denn Künstler*innen können in ihrem Werk die Welt so gestalten, wie sie wollen – zumindest so lange, bis sie doch noch von der Realität eingeholt werden und sich ihr wohl oder übel stellen müssen. Dann heißt es nicht, an dieser zu zerbrechen, sondern gegen die Gleichgültigkeit anzukämpfen und weiter Kunst zu erschaffen.
Das ist eine kraftvolle Botschaft, die sich aber im Film nicht so wirkmächtig entfaltet wie noch im Comic: Die emotionale Resonanz der Geschichte geht hier ganz einfach in einer klischeehaft inszenierten und mit stereotyp sentimentaler Musik untermalten Erzählung ein Stück weit verloren. Kenner*innen der Comic-Vorlage werden im Anime-Film nichts Neues entdecken, Uneingeweihte sich hingegen wundern, wie der große Hype überhaupt erst zustande gekommen ist.
Fazit: Emotional eher flaches Anime nach einer zu Recht viel gelobten Manga-Vorlage!
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